Mit einem spritzigen Melodien-Mix hat die Nordwestdeutsche Philharmonie gestern im ausverkauften Theater im Park das neue Jahr begrüßt. »Sterne des Nordens« hatte Dirigent Evan Christ das etwa 75-minütige Musikprogramm überschrieben.
Bereits zum 20. Mal hatte die Philharmonische Gesellschaft Ostwestfalen-Lippe zu der Neujahrsmatinee in Bad Oeynhausen eingeladen. Die Bedeutung von Sponsoren unterstrich Vorsitzender Viktor Herzog von Ratibor in seiner Begrüßung. Ohne die Unterstützung des Staatsbades, der Stadtsparkasse und des Spielcasinos Bad Oeynhausen wäre die Traditionsveranstaltung seiner Meinung nach nicht möglich. Seinen Dank sprach Viktor Herzog von Ratibor auch seiner Vorgängerin aus: »Als Margrit Harting im Dezember zur Ehrenvorsitzenden ernannt wurde, habe ich ihren Platz im Vorstand eingenommen«, sagte er schmunzelnd. Er wolle ihre Arbeit in bewährter Manier fortsetzen (siehe nebenstehendes Interview).
Die musikalischen Fäden während der Neujahrsmatinee hielt Dirigent Evan Christ souverän in der Hand. Voller Leidenschaft fügte er Höhepunkt an Höhepunkt. Bereits mit dem ersten Stück - der Ouvertüre aus Richard Wagners »Der fliegende Holländer« - legte Evan Christ die Messlatte hoch. Die Musiker folgten ihrem charismatischen Dirigenten bereitwillig. Zwischen lieblichem Piano-Pianissimo und tosenden Fortissimo-Ausbrüchen führten sie den Zuhörern die Wandlung von einer leichten Brise zu einem wirbelnden Orkan vor Ohren. Das Ergebnis: ein erster, nicht enden wollender Zwischenapplaus.
Doch nicht nur der musikalische Leiter präsentierte sich mit deutlich spürbarer Leidenschaft. Auch Sopranistin Eleonore Marguerre flogen die Herzen der 500 Zuhörer im ausverkauften Theater im Park von Beginn an zu. Sie zeigte sich im Konzertverlauf als sehr wandlungsfähig. Nach dem eher verhaltenen »Solveigs Lied« aus Edvard Griegs Per-Gynt-Suite war ihre Interpretation der Arie »Regnava nel silencio« aus Gaetano Donizettis Oper »Lucia di Lammermoor« ein weiterer besonderer Höhepunkt der Matinee. Insbesondere die anspruchsvollen Koloraturen, auf die Evan Christ in seiner Moderation hingewiesen hatte, meisterte die Sängerin überzeugend-virtuos. »Bravo«-Rufe aus dem Publikum quittierte sie mit einem glücklichen Lächeln.
Von einer ganz anderen Seite präsentierte sich Eleonore Marguerre im Zugabenteil. Heiter und ausgelassen, stimmte sie gemeinsam mit der Nordwestdeutschen Philharmonie die »Annen-Polka« an. Einen Schwips zu spielen und dabei derartig charmant zu singen, verdient ebenfalls Respekt und Anerkennung.
Doch nicht nur die Sopranistin, sondern auch das Orchester hielt für das Publikum so manche Überraschung bereit. Beim Champagner-Galopp des Dänen Hans Christian Lumbye ließ der Schlagzeuger im Wortsinne die Korken knallen. Die Mechanik einer Dampflok erweckte der Schlagzeuger anschließend beim Kopenhagener Eisenbahngalopp aus der Feder des gleichen Komponisten zum Leben. »Er hat sich dazu die Hände mit Schleifpapier umwickelt«, erläuterte Dirigent Evan Christ mit einem Augenzwinkern.
Für die 500 Zuhörer war die Neujahrsmatinee mit dem Abschluss des Musikprogramm keineswegs beendet. Im Anschluss an das unterhaltsame Konzert der Nordwestdeutschen Philharmonie erwartete die Gäste ein festliches Drei-Gänge-Menü im Kaiserpalais.
Von Malte Samtenschnieder, Westfalen-Blatt Bad Oeynhausen, 07.01.2013
»Sprungbrett für Karriere«
Herzog Ratibor im Interview
Bad Oeynhausen (WB). Er ist der Neue an der Spitze der Philharmonischen Gesellschaft Ostwestfalen-Lippe: Im Dezember hat Viktor Herzog von Ratibor den Vorsitz von Margrit Harting übernommen. Am Rande der Neujahrsmatinee stellte sich der 48-Jährige den Fragen von Redakteur Malte Samtenschnieder.
Was motiviert Sie, sich in der Philharmonischen Gesellschaft OWL zu engagieren?Viktor Herzog von Ratibor: Die Philharmonische Gesellschaft Ostwestfalen-Lippe bemüht sich um die Förderung der Kultur unserer Region - insbesondere der klassischen Musik und der Nordwestdeutschen Philharmonie. Ich bin der Überzeugung, dass dies eine ehrenwerte und lohnende Aufgabe und besonders für die heranwachsende Generation ganz wichtig ist. Hier mitmachen zu dürfen ist mir eine große Freude. In unserer Familie hat das Engagement für Kunst, Kultur und die klassische Musik eine lange Tradition.
Welchen Stellenwert haben für Sie Veranstaltungen wie die Festliche Matinee zum Neuen Jahr in Bad Oeynhausen?Herzog von Ratibor: Die Matinee zum Neuen Jahr findet in diesem Jahr zum 20. Mal statt. Sie ist eine Traditionsveranstaltung, die jedes Jahr aus Neue ein begeistertes Publikum findet und immer ganz schnell ausverkauft ist.
Was möchten Sie mit derartigen Musikveranstaltungen erreichen?Herzog von Ratibor: Die Matinee soll den Stellenwert der Nordwestdeutschen Philharmonie als das Orchester unserer Region in das Bewusstsein der Menschen rücken und der Philharmonischen Gesellschaft die Gelegenheit geben, ihre Anliegen zu vermitteln. Unseren 500 Gästen möchten wir zu Beginn des neuen Jahres anregende Stunden mit klassischer Musik und kulinarischen Genüssen bieten.
Was zeichnet die Nordwestdeutsche Philharmonie aus, die die Philharmonische Gesellschaft vorrangig unterstützt?Herzog von Ratibor: Ich habe die Nordwestdeutsche Philharmonie unzählige Mal im Rahmen der Corveyer Musikwochen erleben dürfen. Das Orchester besteht aus hervorragenden Künstlern. Es war und ist zu Recht das Sprungbrett für große Karrieren. Ich denke dabei zum Beispiel an den langjährigen Chefdirigenten Andris Nelsons.
Welche Rahmenbedingungen erhoffen Sie sich langfristig, um die Arbeit der Philharmonischen Gesellschaft OWL erfolgreich fortsetzen zu können?Herzog von Ratibor: Die Basis für den Erfolg sind unsere Mitglieder. Ich hoffe, dass deren Begeisterung und Unterstützung für die Philharmonische Gesellschaft anhält und wir die Zahl der Mitglieder noch steigern können. Dafür werde ich mich einsetzen.
Westfalen-Blatt, Lokales Bad Oeynhausen, vom 07.01.2013